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  Cäsar Kapitel 27- 35 15.12.2024 07:53 (UTC)
   
 
(1) Die Helvetier, durch Mangel an allem bewogen, schickten Gesandte betreffs Unterwerfung an ihn.

(2) Als diese ihn auf dem Marsch getroffen und sich ihm zu Füßen geworfen hatten und er ihnen befohlen hatte, an derjenigen Stelle, wo sie jetzt seien, auf sein Kommen zu warten, gehorchten sie.

(3) Nachdem Caesar dorthin gelangt war, verlangte er Geiseln, ihre Waffen und die Sklaven, die zu ihnen übergelaufen seien.

(4) Während dies zusammengesucht und zusammengebracht wurde und es inzwischen Nacht geworden war, verließen etwa 6000 Mann desjenigen Gaus, der Verbigenus heißt, zu Beginn der Nacht das Lager der Helvetier und zogen in Eile nach dem Rhein und dem Gebiet der Germanen, sei es aus Furcht, daß sie nach Ablieferung der Waffen niedergemacht würden, oder sei es durch die Aussicht auf Rettung bewogen, weil sie glauben mochten, daß bei der so großen Menge der Unterworfenen ihre Flucht entweder verborgen bleiben oder überhaupt nicht gemerkt werden könne.


(1) Sobald Caesar dies erfuhr, befahl er denen, durch deren Gebiet sie gezogen waren, sie sollten sie aufgreifen und zu ihm zurückführen, wenn sie in seinen Augen gerechtfertigt sein wollten.

(2) Die Zurückgeführten behandelte er als Feinde; die übrigen alle nahm er nach Auslieferung der Geiseln, Waffen und Überläufern als Untertanen auf.

(3) Den Helvetiern, Tulingern und Latovicern befahl er, in die Gebiete, von wo sie ausgezogen waren, zurückzukehren, und weil nach Verlust aller Feldfrüchte in der Heimat nichts mehr war, womit sie den Hunger ertragen konnten, wies er die Allobroger an, sie sollten ihnen Gelegenheit zu Getreide geben, ihnen selbst befahl er, die Städte und Dörfer, die sie eingeäschert hatten, wiederaufzubauen.

(4) Das tat er hauptsächlich aus dem Grunde, weil er nicht wollte, daß der Raum, aus dem die Helvetier weggezogen waren, freibleibe, damit nicht wegen der guten Beschaffenheit des Bodens die Germanen, die jenseits des Rheines wohnen, aus ihrem Gebiete herüberkämen und dann der Provinz Gallien und den Allobrogern benachbart wären.

(5) Den Häduern gestattete er auf ihre Bitte, die Bojer, weil sie durch hervorragende Tapferkeit bekannt waren, in ihrem Lande anzusiedeln; diesen gaben jene Grund und Boden, und später nahmen sie sie in das gleiche Verhältnis von Recht und Unabhängigkeit auf, in dem sie selbst standen.


(1) Im Lager der Helvetier fand man Listen in griechischer Schrift und brachte sie zu Caesar. Auf diesen Listen war ein Verzeichnis unter Angabe von Namen zusammengestellt, welche Zahl ausgewandert sei von denjenigen, die Waffen tragen könnten und ebenso gesondert die Jugendlichen, die Alten und die Frauen.

(2) Aller dieser Rubriken Gesamtzahl waren 263 000 Helvetier, 36 000 Tulinger, 14 000 Latovicer, 23 000 Rauricer und 32 000 Bojer, unter diesen 92 000, die Waffen tragen konnten.

(3) Die Gesamtzahl war etwa 368 000. Von denen, die in die Heimat zurückkehrten, wurde, als eine Zählung angestellt wurde, wie Caesar befohlen hatte, eine Zahl von 110 000 ermittelt.




1) Nachdem der Krieg mit den Helvetiern beendet war, fanden sich Gesandte fast ganz Galliens, die Fürsten der Stämme, bei Caesar ein, um ihre Glückwünsche zu bringen.

(2) Sie sähen ein, daß, obgleich er für die alten Übergriffe der Helvetier gegen das römische Volk von ihnen durch den Krieg
Buße gefordert habe,

(3) dies dennoch nicht weniger vorteil-haft für das Land Gallien als für das römische Volk sich ereignet habe, und zwar deshalb, weil die Helvetier trotz der blühendsten Verhältnisse ihre Heimat verlassen hätten, in der Absicht, ganz Gallien mit Krieg zu überziehen, sich der Herrschaft zu bemächtigen, aus dem großen Bereiche die Gegend als Wohnsitz auszu-wählen, die sie von ganz Gallien für die günstigste und fruchtbarste hielten, und die übrigen Stämme alle als tributpflichtige zu haben.

(4) Sie baten darum, es möchte ihnen erlaubt sein, einen Landtag ganz Galliens für einen bestimmten Termin anzusagen und das mit Caesars Genehmigung zu tun; sie hätten etliches, worum sie ihn auf Grund allgemeiner Zustimmung bitten wollten.

(5) Nachdem dies erlaubt worden war, setzten sie einen Termin für den Landtag fest und bestimmten feierlich durch einen Eid untereinander, daß niemand eine Aussage machen sollte außer denen, die auf gemeinsamen Beschluß den Auftrag dazu erhielten.




1) Nachdem dieser Landtag entlassen worden war, kehrten dieselben Stammesfürsten, die vorher dagewesen waren, zu Caesar zurück und baten darum, daß es ihnen erlaubt sein möchte, mit ihm ohne Zeugen über ihr eigenes Heil und das aller zu verhandeln.

(2) Als sie das erreicht hatten, warfen sie sich alle weinend Caesar zu Füßen. Ihr Streben und ihre Sorge seien nicht weniger darauf gerichtet, daß das, was sie sagten, nicht verraten werde, als darauf, daß sie das, was sie wollten, erlangten. Deswegen weil sie sähen, daß sie, wenn ein Verrat stattfinde, der schlimmsten Marter entgegengehen würden.

(3) Für sie führte der Häduer Diviciacus das Wort: Gesamtgalliens Parteien seien an Zahl zwei; die Führung der einen hätten die Häduer inne, die der anderen die Arverner.

(4) Als diese so erbittert um die Vormachtstellung unter sich viele Jahre stritten, sei es nahm gekommen, daß von den Arvernern und Sequanern Germanen als Söldner herbeigeholt wurden.

(5) Von diesen hätten zuerst etwa 15000 den Rhein überschritten; nachdem die wilden und barbarischen Gesellen an Land, Lebensweise und Wohlstand der Gallier Geschmack gefunden hätten, seien noch mehr herübergebracht worden; jetzt seien in Gallien an die 120 000.

(6) Mit diesen hätten sich die Häduer und ihre Klienten zu wiederholten Malen im Kampfe gemessen; geschlagen hätten sie eine schwere Niederlage erlitten; ihren gesamten Adel, ihren gesamten Rat und ihre gesamte Ritterschaft hätten sie eingebüßt.

(7) Durch diese Kämpfe und Niederlagen gebrochen seien sie, die sowohl durch ihre Tapferkeit als auch durch ihre Gast- und Staatsfreundschaft mit dem römischen Volke den größten Einfluß vorher in Gallien gehabt hätten, gezwungen worden, die Vornehmsten ihres Stammes den Sequanern als Geiseln zu geben und ihren Stamm durch einen Eid zu verpflichten, weder die Geiseln zurückzuverlangen noch das römische Volk um Hilfe anzuflehen noch sich zu weigern, unter der dauernden Botmäßigkeit und Herrschaft jener zu stehen.

(8) Er sei der einzige aus dem gesamten Stamme der Häduer, der nicht habe veranlaßt werden können, den Eid zu leisten oder seine Kinder als Geiseln zu geben.

(9) Deswegen sei er aus dem Stamme geflohen und nach Rom zum Senate gekommen, um Hilfe zu verlangen, weil er allein weder durch einen Eid noch durch Geiseln gebunden sei.

(10) Aber schlimmer sei es den siegreichen Sequanern als den besiegten Häduern ergangen, deswegen weil sich Ariovist, der König der Germanen, in ihrem Gebiet festgesetzt und ein Drittel des Sequanerlandes, das das beste ganz Galliens sei, besetzt habe und jetzt den Sequanern befehle, das zweite Drittel zu räumen, wegen weil wenige Monate zuvor 24 000 Mann Haruden zu ihm gekommen seien, denen Raum und Wohnsitze verschafft würden.

(11) Innerhalb weniger Jahre würden sie alle aus dem Lande Gallien vertrieben werden und alle Germanen den Rhein überschreiten; denn weder dürfe man das gallische Land mit dem der Germanen vergleichen noch die Lebensweise hier mit der dort.

(12) Ariovist aber führe, nachdem er einmal die Scharen der Gallier im Kampfe besiegt habe - ein Treffen, daß bei Magetobriga geliefert worden
sei - ein stolzes und grausames Regiment, verlange die Kinder gerade des höchsten Adels als Geiseln und vollziehe an ihnen alle Arten von Strafen und Martern, wenn etwas nicht nach seinem Wink und Willen geschehen sei.

(13) Er sei ein roher, jähzorniger und leidenschaftlicher Mensch; es sei unmöglich, sein Regiment noch länger zu ertragen.

(14) Es sei denn, daß bei Caesar und dem römischen Volke etwas Hilfe zu finden sei, sonst müßten alle Gallier dasselbe tun, was die Helvetier getan hätten; sie müßten von daheim auswandern, eine andere Heimat, andere Wohnsitze, fern von den Germanen, aufsuchen und ihr Glück,
wie es auch ausfalle, versuchen.

(15) Wenn dies Ariovist verraten worden sei, so zweifele er nicht, daß er an allen Geiseln, die bei ihm seien, die martervollste Todesstrafe vollziehen werde.

(16) Caesar sei imstande, sei es durch sein und seines Heeres Ansehen oder sei es durch seinen jüngst errungenen Sieg oder sei es durch den Ruf des römischen Volkes, davon abzuschrecken, daß eine noch größere Menge Germanen, über den Rhein herüberge-bracht werde, und ganz Gallien vor der Gewalttätigkeit Ariovists zu schützen.



1) Nachdem diese Rede von Diviciacus gehalten worden war, begannen alle,
die anwesend waren, unter lautem Weinen Cäsar um Hilfe zu bitten.

(2)Cäsar bemerkte, daß als die einzigen von allen die Sequaner nichts von
dem taten, was die übrigen taten, sondern traurig gesenkten Hauptes zu
Boden blickten.

(3) Was der Grund davon sei, fragte sie Cäsar
verwundert.

(4) Die Sequaner antworteten nichts, sondern verharrten
schweigend in derselben Traurigkeit. Als er sie noch öfter fragte und
überhaupt kein Wort herausbringen konnte, antwortete derselbe Häduer
Diviciacus:

(5) Dadurch sei das Geschick der Sequaner bedauernswerter
und druckender als das der anderen, weil sie allein nicht einmal im
geheimen zu klagen oder um Hilfe zu flehen wagten, und vor der
Grausamkeit des abwesenden Ariovist schauderten, als wenn er persönlich
da sei,

(6) deswegen weil den anderen doch wenigstens die Gelegenheit
zur Flucht sich biete, die Sequaner aber, die Ariovist innerhalb ihres
Gebietes aufgenommen hätten und deren Städte alle in seiner Gewalt
seien, alle Quälereien ertragen müßten.



) Nachdem Cäsar, dies erfahren hatte, sprach er den Galliern Mut zu und
versprach, er werde sich die Sache angelegen sein lassen: er hege große
Hoffnung, daß Ariovist, durch seine Gunstbezeugung und sein Ansehen
bewogen, seinen Gewalttätigkeiten ein Ende lachen werde.

(2) Nachdem diese Rede gehalten worden war, entließ er die Versammlung. Und nächst
dem bestimmte ihn vielerlei, weswegen er glaubte, daß er diese Sache in
Erwägung ziehen und in die Hand nehmen müsse, besonders weil er sah, daß
die Häduer, die zu wiederholten Malen vom Senate Brüder und
Blutsverwandte genannt worden seien, in der Knechtschaft und unter der
Botmäßigkeit der Germanen gehalten wurden, und weil er wahrnahm, daß
Geiseln von ihnen bei Ariovist und den Sequanern waren; das, so glaubte
er, sei bei der so großen Macht des römischen Volkes höchst schimpflich
für ihn und den Staat.

(3) Daß allmählich aber die Germanen sich daran
gewöhnten, den Rhein zu überschreiten, und, daß eine große Menge von
ihnen nach Gallien komme, betrachtete er als gefährlich für das römische
Volk.

(4) Auch war er der Meinung, die wilden und rohen Gesellen würden,
wenn sie ganz Gallien in Besitz genommen hätten, sich nicht enthalten
können, wie es ehedem die Cimbern und Teutonen getan hätten, in die
Provinz auszurücken (einzufallen) und von dort in Eile nach Italien zu
ziehen, zumal da die Sequaner von unserer Provinz nur die Rhone trenne;
diesen Gefahren glaubte er so rasch wie möglich vorbeugen zu müssen,

(5)Ariovist selbst aber hatte einen solchen Hochmut und eine solche
Anmaßung angenommen, daß er unerträglich schien.




1) Deshalb beschloß Caesar, Gesandte zu Ariovist zu schicken, die von ihm verlangen sollten, er möchte irgendeinen Platz in der Mitte zwischen ihnen beiden zu einer Unterredung auswählen; er wolle mit ihm über eine staatliche Angelegenheit und über für beide höchst wichtige Fragen verhandeln.

(2) Dieser Gesandtschaft antwortete Ariovist: Wenn er selbst etwas von Caesar haben wolle, so wäre er zu ihm gekommen; wenn Caesar etwas von ihm wolle, so müsse er zu ihm kommen.

(3) Außerdem wage er es weder ohne ein Heer in diejenigen Teile Galliens zu kommen, die Caesar in Besitz habe, noch könne er ein Heer ohne große Zufuhr und Anstrengung an einem Punkt zusammenziehen.

(4) Ihm aber komme es merkwürdig vor, was in seinem Gallien, das er im Krieg besiegt habe, entweder Caesar oder das römische Volk überhaupt zu schaffen habe.






(1) Nachdem diese Antwort Caesar hinterbracht worden war, schickt er nochmals Gesandte zu Ariovist mit folgenden Aufträgen:

(2) weil er denn, obgleich durch seine und des römischen Volkes so große Gunst ausgezeichnet, da er während seines Konsulates König und Freund vom Senate genannt worden sei, ihm und dem römischen Volk diesen Dank abstattete, daß er, aufgefordert, zu einer Unterredung zu kommen sich weigere und nicht der Ansicht sei, daß er über eine gemeinsame Angelegenheit sprechen und davon Kenntnis nehmen müsse, so sei es folgendes, was er von ihm fordere:

(3) Erstens, daß er keine Menge Menschen mehr über den Rhein nach Gallien führe, sodann, daß er die Geiseln, die er von den Häduern habe, zurückgebe und den Sequanern erlaube, daß es ihnen freistehe, diejenigen, welche sie hätten, mit seinem Einverständnis jenen zurückzugeben; auch solle er die Häduer nicht durch Gewalttätigkeit reizen und sie und ihre Bundesgenossen nicht mit Krieg überziehen.

(4) Wenn er dies so tue, werde für ihn und das römische Volk dauernde Gunst und Freundschaft mit ihm bestehen; wenn er nichts erreiche, so werde er, da ja unter dem Konsulate des Markus Messala und Markus Piso der Senat beschlossen habe, daß, wer auch immer die Provinz Gallien verwalte, die Häduer und die übrigen Freunde des römischen Volkes schützen solle, soweit es ohne Gefährdung des Staates tun könne, die Gewalttätigkeiten gegen die Häduer nicht ungeahndet lassen.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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